Von der Priesterschule zur Bildung für alle

Das Vermitteln von Wissen zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Missionsgesellschaft Bethlehem. Während in der Schweiz die Rekrutierung von Nachwuchs im Zentrum stand, war das Ziel in den Missionsländern Auf- und Ausbau der Selbstständigkeit der Lokalbevölkerung.

Von der Nachwuchsschule für Priester …

1895 gründet der französische Priester Pierre-Marie Barral die Ecole apostolique de Bethléem in Meggen – und legt damit auch gleich den Grundstein für die Missionsgesellschaft. Ein Jahr später zieht er ins stillgelegte Hotel «Wilhelm Tell» am nördlichen Eingang zur Hohlen Gasse in Immensee.

Den Schulbetrieb finanziert Barral teils unkonventionell, zu Beginn vor allem mit dem Handel von Briefmarken: Er kauft sie in grossen Mengen ein, überschwemmt damit den europäischen Markt und sorgt so selbst für einen Zusammenbruch der Preise. 1907 wird er vom Churer Bischof abgesetzt und lässt einen beträchtlichen Schuldenberg zurück.

Klassenfoto von 1904: Die Schüler der damaligen Apostolischen Schule in Immense mit Pierre-Marie Barral in der Mitte. (Archiv SMB, FDC 115/1)

… zum selbstständigen Gymnasium

Der neu eingesetzte Pietro Bondolfi legt fortan mehr Gewicht auf naturwissenschaftliche Fächer; 1920 erhält er die Anerkennung als Maturitätsschule. Der Hauptzweck bleibt: die Rekrutierung und Ausbildung neuer Missionare. Noch bis Mitte der 60er-Jahre muss jede Klasse einen Nachmittag pro Woche im Landwirtschaftsbetrieb der Missionsgesellschaft mitarbeiten.

Danach folgen mehrere Öffnungsschritte der christlichen Mittelschule, 1971 werden auch Mädchen zugelassen. 1995 schliesslich geht die für die Region wichtige Schule in die neu gegründete privatrechtliche Stiftung Gymnasium I mmensee über. Heute besuchen jährlich rund 350 Schülerinnen und Schüler die private Mittelschule. Eine der wohl bekanntesten Abgängerinnen ist Bundesrätin Simonetta Sommaruga (Maturität 1980).

Progymnasien und Priesterseminare

Mit Progymnasien, welche den ersten beiden Klassen der heutigen Oberstufe entsprechen, will die Missionsgesellschaft zusätzliche Schüler für die Mittelschule in Immensee anwerben. 1926 eröffnet ein solches in einem alten Fabrikgebäude in Rebstein im Kanton Sankt Gallen. 1938 kommt ein französischsprachiger Ableger im neu erworbenen Gutshof Grand Torry oberhalb von Freiburg hinzu. Beide werden in den 70er-Jahren aufgelöst.

Kurz nach der Gründung der SMB wird 1922 im luzernischen Wolhusen ein Priesterseminar eröffnet. Gleichzeitig mit der theologischen Bildung sollen dort junge Männer für die Mitgliedschaft in der Missionsgesellschaft vorbereitet werden. 1932 zieht das Seminar ins ehemalige Kurhaus Schöneck in Emmetten in Nidwalden. 1969 erfolgt die Eingliederung in die Theologische Fakultät der heutigen Universität Luzern.

Unterricht am Priesterseminar Schöneck in Ennetbürgen NW, Datum unbekannt.

Ausbildung von Seelsorgern im Ausland

Der Aufbau von Basisgemeinden in den Missionsländern war und ist nur unter Einbezug der Lokalbevölkerung unter Berücksichtigung deren Kultur möglich. Die Ausbildung von Seelsorgern spielt daher in allen Auslandsmissionen der SMB eine zentrale Rolle. Vielerorts ist die lokale Kirchgemeinde oftmals die einzig funktionierende Institution. Seelsorger wurden daher häufig auch in sozialen Belangen ausgebildet.

In vielen Ländern baute die Missionsgesellschaft die theologische Bildung auf und führte sie teils über Jahrzehnte, bevor sie lokalen Seelsorgern übergeben werden konnte. Daneben unterrichteten SMB-Mitglieder an den Universitäten oder weiteren Institutionen. Oft ging die theologische Bildung einher mit dem Aufbau einer medizinischen Infrastruktur in Zusammenarbeit mit anderen Gemeinschaften und Fachkräften, beispielsweise in China, Taiwan oder Simbabwe.

SMB-Pfarrer Alex Stoffel beim Theologieunterricht im Mkoba Township in Gwelo (heute Gweru) im damaligen Rhodesien (heute Simbabwe).
Fritz Leimer gibt 1982 den Lernenden Instruktionen beim Mauerbau in der Handwerkerschule in Taitung. (Archiv SMB)

Bildung für die Lokalbevölkerung

Die Missionsgesellschaft Bethlehem engagiert sich in ihren Missionen immer auch für die Bildung der Lokalbevölkerung. Von der Einführung des Kindergartens über den Aufbau von Grundschulen und das Errichten von Lehrerseminaren bis hin zur Etablierung ganzer Schulnetzwerke war und sind die Mitglieder der SMB auf vielseitige Weise in der Wissensvermittlung engagiert.

In mehreren Ländern initiierte die Missionsgesellschaft auch die Ausbildung in verschiedenen Berufen, beispielsweise im Journalismus (Sambia) oder in der Drucktechnologie (Simbabwe). In Taitung errichteten die Missionare 1960 die erste Handwerkerschule Taiwans, die später von der Regierung als Modellschule für die Handwerkerlehre im ganzen Land genutzt wurde.

Titelbild: Bis in die 60er-Jahre mussten alle Schüler des Gymnasiums wöchentlich für einen Nachmittag im Landwirtschaftsbetrieb der Missionsgesellschaft anpacken, wie hier anno 1908. (Archiv SMB, FDC 115/150)