Das Bauen von Kirchen und Gebäuden zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Missionsgesellschaft. Schon früh erwiesen sich dabei einzelne Mitglieder als wahre Architek-turmeister.
Zahlreiche Kirchen hat die Missionsgesellschaft Bethlehem in ihrer Geschichte erstellt, doch dabei blieb es selten. Denn in ihren Einsatzländern fanden die Immenseer Missionare bei ihrer Ankunft zumeist wenig bis keine Infrastruktur vor. So wurden neben sakralen Bauten auch Schulen, Kindergärten, Spitäler, Alters- und Pflegeheime, soziale Einrichtungen und diverse Infrastrukturprojekte ver-wirklicht. Diese vier Projekte stehen daher stellvertretend für alle von der SMB erstellten Bauwerke.
Eine imposante Kathedrale in China
Der Priester Eugen Imhof gehört zu jenen Missionaren, die ab 1926 in Qiqihar im Nordosten Chinas die erste Auslandsmission der SMB aufbauen. Der sprachbegabte Theologe und Philosoph widmet sich zahlreichen Infrastrukturprojekten, baut Schulen, Spitäler und Apotheken, Kinder- und Altersheime, Obdachlosenhäuser und ein Kloster. 1934 kommt Eugen Imhof bei einem Zugattentat ums Leben.
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Das eindrücklichste Bauwerk des China-Missionars Eugen Imhof: Die Kathedrale von Qiqihar auf einer Aufnahme zwischen 1926 und 1939. (koloriert, Archiv SMB, FDC 118/10)
Die Sankt-Michaels-Kathedrale in Qiqihar ist sein eindrücklichstes Bauwerk. Der betongraue Kirchenbau im neugotischen Stil wird 1933 fertiggestellt und eingeweiht. Nach der Gründung der Volksrepublik China 1949 wird die Kirche von verschiedenen Institutionen genutzt, zuletzt vom örtlichen Zirkus als Winterstandort. 1982 wird die Kirche der Diözese Harbin zurückgegeben. Wenig später wird die imposante Kirche zum Kulturobjekt der mittlerweile über fünf Millionen Einwohner zählenden Stadt erklärt.
Barralhaus auf dem Simplonpass
1901 kauft Pierre-Marie Barral auf dem Simplon ein 70 000 Quadratmeter grosses Grundstück und startet mit dem Bau eines Ferienhauses für seine Schüler und Studenten – Bierbrauerei inklusive. Barral gerät in finanzielle Schwierigkeiten, sein Nachfolger Bondolfi verkauft 1915 die Bauruine für 60 000 Franken an einen Zürcher Kaufmann – und kauft sie zwei Jahre später für einen Drittel des Preises wieder zurück.
1924 startet Bondolfi den Umbau des Barralhauses zum Ferienheim für seine Studenten und später für die Missionare – jedoch ohne Bierbrauerei. Als Ferienort in den Walliser Bergen dient das Gebäude mit seinem eigentümlichen Grundriss von 7 auf 120 Meter bis Ende des Jahrhunderts. 2007 verkauft die Missionsgesellschaft Bethlehem das Barralhaus an das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS). Seither nutzt es die Schweizer Armee als Truppenunterkunft.

Einst Ferienhaus, heute Armeeunterkunft: Das 120 Meter lange und sieben Meter breite Barralhaus auf dem Simplon. (Archiv SMB)
Schön und funktional: Julius Felders Kirchen
Die Pfarrkirche in Changbin im Landeskreis Taitung in Taiwan ist die grösste Kirche, die der Priester und gelernte Hochbauzeichner Julius Felder erbaut hat. Sie trägt die für ihn typische Handschrift, die in hohem Masse Ästhetik und Funktionalität verbindet. So zeichnen sich beispielsweise fast alle der rund vierzig von ihm erbauten Kirchen durch indirekten Lichteinfall über dem Altarraum aus. Das sorgt im Innern nicht nur für stimmungsvolles Licht, sondern bei der Sommerhitze Taiwans auch für angenehme Temperaturen.
Taiwan stellt als Insel im Pazifik und durch die Lage im Spannungsfeld tektoni-scher Platten hohe Anforderungen an die Bauwerke. Die Gebäude von Julius Felder wurden dem stets gerecht, hielten Taifunen und schweren Erdbeben stand, ohne Abstriche bei Ausdruck und Stil. Als Felder 2005 nach Immensee zurückkehrt, übergibt er seine über 3000 Pläne dem prähistorischen Museum in Taitung. Dort sind sie noch heute Lernenden und für Forschungszwecke zugänglich.
Romerohaus in Luzern
1986 wurde der Bau des Romerohauses im Luzerner Quartier Würzenbach fertiggestellt. Mit dem Bau wurde der Rapperswiler Architekt Herbert Oberholzer beauftragt, der sich ein Jahrzehnt später auch für das Barralhaus, das neue Internatsgebäude des Gymnasiums Immensee, verantwortlich zeichnen wird.
Mit dem Romerohaus realisiert die SMB einen lang gehegten Wunsch: ein eigenes Seminarhaus für künftige Missionare und Laienmitglieder sowie für Rückkehrer aus den Missionen. Ab 1996 führte die Bethlehem Mission Immensee das Haus, ab 2013 diente es der Nachfolgeorganisation Comundo als Geschäftssitz. Diese übergab die Führung 2019 an das Sozialunternehmen IG Arbeit, welche es seither erfolgreich als Seminarhotel führt.

Der ehemalige Hauptbau des Missionshauses in Immensee im Entstehen, aufgenommen um 1904. (Archiv SMB, FDC 115/58)
Titelbild: Das Barralhaus auf dem Simplonpass diente der SMB als Ferienheim, heute wird es von der Schweizer Armee genutzt. (Archiv SMB)
