«Kirchen – Licht- und Schattenspiel»

Unter dem Titel «Kirchen – Licht- und Schattenspiel: Die Modernen Kirchen in Hualien und Taitung von Bruder Julius Felder SMB» eröffnete das Nationalmuseum für Prähistorische Kultur Taiwans (NMP) in Taitung am 21. März 2025 eine Ausstellung über das architektonische und künstlerische Werk von Bruder Julius Felder, SMB. Die Ausstellung dauert bis zum 7. Oktober 2025.

Autor Josef Meili – 04.09.2025

Julius Felder SMB (1933-2018), hatte gegen Ende seiner Karriere alle seine Baupläne zur Aufbewahrung diesem Museum vermacht. Weil auch die Fotos mit den Negativen, vor allem über die indigenen Stämme in Taiwan, von Hans Egli SMB (1929 – 2013), dort aufbewahrt werden, ist die SMB mit diesem Museum seit langem eng verbunden.

Neben den über 70 Kirchen erstellte Julius Felder überall in Taiwan Spitäler, Betagtenheime, Berufsbildungszentren, Heime für Menschen mit Beeinträchtigung, Ordenshäuser, und nicht wenige Privathäuser. Dass er auch für die protestantischen Gemeinden Kirchen baute, brachte der SMB nicht wenig Wohlwollen entgegen und stärkte das ökumenische Klima.

Die Baustelle der Kirche pau sang lu in Taitung.

2007 schenkte Julius Felder 2649 Baupläne dem NMP, als ein Teil der Sammlungen des Museums. Die Ausstellung hebt Modelle von sieben Kirchen, darunter auch die der presbyterianischen Kirche in Taitung, besonders hervor. Als Bijou bezeichnet Julius Felder die Kirche der Pau sang lu Pfarrei in Taitung.

Alle Kirchen werden in den Zusammenhang mit der Entwicklung der Ostküste Taiwans auf verschiedenen Ebenen und dem Einfluss von interkulturellem und interethnischem Austausch gebracht.

Neben Modellen von Kirchen und anderen Gebäuden unter Glas, zeigt die Ausstellung viele Fotos von der lokalen Bevölkerung, Missionaren und Ordensfrauen. Was an der Präsentation besonders auffällt, sind persönliche Gegenstände und Arbeitsmittel von Julius Felder, wie Radiergummis, Bleistifte, Messband, ein Beschriftungsgerät, Taschenrechner, etc.

In der Ausstellung im Nationalmuseum für Prähistorische Kultur Taiwan wurde u. a. auch der Arbeitstisch von Julius Felder ausgestellt.

Der Leiter des Museums, Li Yu-fen, durfte am 21. März eine grosse Zahl von Gästen aus ganz Taiwan begrüssen. Neben dem Chargé d’Affaires (Nuntius), Mons. Stefano Mazzotti, dem Bischof von Hualien/Taitung, Mons. Philip Huang Chau-Ming, waren Professoren für Architektur von der Dong-Hai Universität Taichung, Architekten, Baumeister und Vertreter verschiedener Pfarrgemeinden und Institutionen, denen Julius Felder Gebäude gezeichnet hatte, anwesend.

Der Vice-Kulturminister, Hsu Yi-chun, betonte an der Eröffnung den tiefen Bezug zwischen diesen Kirchen und Taiwan, wie auch ihren Beitrag zur Gesellschaft Taiwans. Dabei spielt das Museum eine vitale Rolle in ihrer Förderung des Dialogs zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart Taiwans.

Der Bischof der Diözese Hualien-Taitung, Philip Huang, besuchte ebenfalls die Ausstellung (vorne im Bild).

Der Direktor des Museums, Tsai Cheng-liang hob hervor, dass das Museum danach strebe, eine Drehscheibe dafür zu sein, die prähistorische Kultur Taiwans, die austronesische Geschichte und die gegenwärtige Gesellschaft und ihr Umfeld in Beziehung zu setzen und damit den Platz Taiwans in der Welt zu fördern.

Der Präsident des Vereins Freunde Bethlehems, Josef Liu, besuchte zusammen mit Augustin Büchel SMB die Ausstellung.

In einem Beitrag zum Werk und zur Person von Julius Felder wird sein Schaffen im Zusammenhang mit der missionarischen Arbeit der SMB mit dem bemerkenswerten Titel «Von „ihnen“ zu „uns“», (März 2022) von Lynn Su, Mitglied der presbyterianischen Gemeinde Taitungs, deren Kirche auch ausgestellt ist, beschrieben:

«Julius Felder trat als gelernter Bauzeichner am 3.12.1960 in die Missionsgesellschaft Bethlehem ein. Im September 1965 wurde er nach Taiwan ausgesandt und arbeitete dort bis zu seiner krankheitsbedingten Rückkehr in die Schweiz 2005.

Da Julius Felder in Taiwan nicht als Architekt zugelassen war, musste er nach Fertigstellung der Zeichnungen für seine Entwürfe, einen taiwanesischen Architekten beauftragen, eine Baugenehmigung zu beantragen, bevor mit den Arbeiten begonnen werden konnte. Aber dank seiner herausragenden Entwürfe, seiner erstaunlichen Kreativität und der Mundpropaganda von Gemeindemitgliedern konnte Julius Felder während seiner 41 Jahre in Taiwan eine grosse Anzahl von Kirchen und Häusern fertigstellen, darunter mehr als 40 allein an der Ostküste Taiwans. Der Besuch dieser Stätten ist wie eine religiöse Pilgerreise.»

Eine der über 70 Kirchen, die Julius Felder in Taiwan gebaut hat.

Viele Menschen in Taiwan haben lebhafte Erinnerungen an Julius Felders Verhalten. Sie alle beschreiben ihn auf eine ähnliche Weise: als einen Laienbruder, der die chinesische Sprache nicht sehr fliessend sprach, der oft – in ein Projekt vertieft – das Zeitgefühl verlor und damit die Zeit zum Essen, der aber ein ausgeprägtes künstlerisches Talent besass. Er stellte sehr hohe Ansprüche an seine architektonischen Projekte. Dabei war er nicht allzu gern bereit, Änderungen an seinen Entwürfen von anderen Leuten zu akzeptieren, und geriet sogar in Konflikt, um die Qualität eines Projekts zu gewährleisten. Umgekehrt ist erstaunlich, wie Bauzeichnerinnen, die Absolventinnen der von Jakob Hilber SMB gegründeten Technischen Mittelschule waren, viele Jahre mit ihm zusammenarbeiten konnten. Ein Grund lag wohl darin, dass Julius Felder diese jungen Frauen immer auf die Baustellen mitnahm und ihnen zeigte, wie ihre gezeichneten Projekte in die Realität umgesetzt wurden. Diese Erfahrungen wurden mit guten Anstellungen in Architekturbüros belohnt.

Julius Felder bespricht die Baupläne mit einer Hochbauzeichnerin.

Der Architekturwissenschaftler Roan Ching-yueh hebt hervor, dass Julius Felders Arbeiten aus akademischer Sicht sowohl «externe» als auch «interne» Merkmale kennzeichnen. Das Externe ist ihre Verbindung zu einer globalen architektonischen Ästhetik, während das Interne die Entwicklung einer eigenständigen, lokalen Ästhetik zeigt. Schrägdächer, die sich dem Boden nähern, «Keilsteine» (Technik der Römer!) mit spitz zulaufenden Pfeilern und Balken sowie die Wahl einfacher Baumaterialien und -farben sind eindeutig externe Elemente, die vom modernen architektonischen Denken beeinflusst sind.

Julius Felder berücksichtigte aber auch das lokale Klima (Taifune, subtropisch, feucht) und die Standortbedingungen (Erdbeben) sorgfältig und verwendete deswegen lokalen Granit und Oberflächen wie geschliffenen Terrazzo. Roan erwähnt zudem, dass Julius Felder im Laufe der Zeit immer weniger teures Buntglas verwendete und stattdessen den weissen und grünen Marmor einsetzte, der im Osten Taiwans sehr häufig für dekorative Effekte verwendet wird. Seine Genialität als Architekt manifestiert sich vor allem in diesen «inneren» Elementen; sie zeigen, wie Julius Felder es vermochte, ganz auf die lokalen Bedingungen einzugehen.

Nationales Prähistorisches Museum, Taitung, Taiwan

Während des Baus der sogenannten Südverbindungslinie der taiwanischen Eisenbahn stießen Arbeiter im Juli 1980 bei Beinan in der Stadt Taitung auf zahlreiche prähistorische Artefakte. Die Entdeckungen riefen ein großes Interesse der Öffentlichkeit hervor und zum Teil wurden auch Raubgräber aktiv, die auf eigene Faust Ausgrabungen und Plünderungen unternahmen. Auf Bitten der Regierung des Landkreises Taitung wurden daraufhin die Bauarbeiten an der Eisenbahn eingestellt. Unter der Leitung von Wen-hsun Sung und Chao-mei Lien, zweier Professoren von der Nationaluniversität Taiwan, wurde ein archäologisches Team zusammengestellt, das mit systematischen Ausgrabungen begann. Innerhalb von mehr als 10 Jahren wurden über 10.000 m² und über 1.500 Begräbnisstätten exploriert. Dabei wurden Zehntausende Tonscherben und Steinartefakte ausgegraben. Die Grabungsstätte gilt als der bedeutendste Fundort aus dem mittleren Neolithikum auf Taiwan.

Aufgrund der reichen architektonischen, kulturellen und biologischen Funde wurde die Fundstätte 2003 von einer Kommission unter Leitung der taiwanischen Kultusministeriums in die Liste der potentiellen Welterbekandidaten Taiwans aufgenommen.

Es entstand die Idee, an der Ausgrabungsstätte ein Museum für die Prähistorie Taiwans zu erbauen. Der Grundstein für das Museumsgebäude wurde am 1. Februar 1990 gelegt und am 17. August 2002 wurde das Museum offiziell eröffnet.

Das Museumsgebäude wurde vom amerikanischen Architekten Michael Graves entworfen und liegt auf einem 10 ha (100.000 m²) großen Areal.

Weitere Informationen zum Museum auf Wikipedia.

Aussenansicht der Kirche pau sang lu.
Die Kirche siau ma, die ebenfalls im Kanton Taitung gebaut wurde.
Die Kirche chang guang, die nördlichste Kirche im Kanton Taitung.
Die Innenansicht der Kirche chang guang.
Aussenansicht des prähistorischen Museums in Taitung, wo Julius Felder seine Pläne deponiert hat.