Josef (Sebi) Stocker - Im Ruf eines Damm­bauers

Im Film «Gott hat 25 Namen» werden drei Mi­ssio­nare vorgestellt, einer davon heisst Josef (Sebi) Stocker, der für seine Dammbauten in Simbabwe bekannt geworden ist. Sein Neffe Emilio Näf gibt im Interview Aus­kunft.

Autor Emilio Näf – 12.04.2023

Redaktion: Du bist Immenseer Priester, und beinahe wäre aus dir ein Afrika-Missionar geworden.
Emilio Näf: Mein Onkel Sebi Stocker war bereits in Südrhodesien tätig, und ich hatte mir so etwas vorstellen können. Aber wegen der politischen Spannungen zwischen der damaligen weissen Regierung und dem proafrikanischen Kurs der Missionare konnten keine jungen Missionare mehr einreisen. Ich zog dann nach Südamerika.

Redaktion: Kannst du etwas zu den Tätigkeiten deines Onkels sagen? Er soll in Immenseer Kreisen den Ruf eines «Dammbauers» gehabt haben.
Emilio Näf: Das Dammbauen war bloss eine seiner vielen Fähigkeiten. Sebi war ebenso Seelsorger, Liturge, aber auch Oberer grosser Stationen, wo es Schulen, Spital und Werkstätten gab. Er lässt sich nicht auf Dämme-Bauen reduzieren. Er baute mehrere Gebetshäuser, schlichte Kirchlein ohne Turm. Mehreren gab er den Namen Verena als Kirchenpatronin wie an seinem Herkunftsort Buttisholz.

Redaktion: Bleiben wir doch mal beim Dammbau. Was hast du davon mitbekommen?
Emilio: Wir lasen zu Hause den «Rottaler Anzeiger». Regelmässig erschienen Berichte mit Fotos von seinen Tätigkeiten. Sebi hatte durch seine frühere Tätigkeit als «Propagandist» in der Schweiz einen grossen Kreis von Bekannten und Wohltätern. Er hielt die Kontakte warm. Jede Spende verdankte er mit einem persönlichen Brief und legte Fotos bei. So motivierte er die Gebenden zu weiterer Unterstützung. Besuche von Verwandten und anderen Interessierten, die nach Simbabwe kamen, nahm er gastfreundlich auf und zeigte ihnen seine Werke.

Redaktion: Wie ging Sebi vor? Er musste ja auch die einheimischen Leute auf seiner Seite haben?
Emilio: Sebi Stocker war volksnah, häufig unterwegs. Er muss einen Spürsinn, eine Intuition gehabt haben. Während er auf dem Land mit den Leuten redete, sah er vielleicht eine Mulde, eine Senke, ein Rinnsal. In der Regenzeit kommt dort viel Wasser, aber das entgeht. Und dann ist plötzlich fast nichts mehr herum, und man muss weit zu Fuss gehen bis zu einem grösseren Fluss. Er beobachtete und sprach mit den Leuten darüber. Als Praktiker wollte er konkret helfen. Wasser bedeutete ihm Leben für die Leute.

Redaktion: Wie ging so ein Bau technisch vor sich. Man hatte wohl keinen Bagger?
Emilio: Mein Onkel hatte eine Bau-Rotte von einem Dutzend fähigen Arbeitern. Mit diesen zog er herum. Gewiss haben die Anwohner auch mitgeholfen. Aber Wissen und Erfahrung besass seine Rotte. Der Kern eines Dammes bestand aus Erde, Dreck und Sand. Die Seitenränder wurden mit zementierten Steinen befestigt, Ebenso die Krone oben. Es gab auch einen Durchlass, falls plötzlich zu viel Wasser kam.

Redaktion: Es gibt sogar einen Film über diesen Missionar …
Emilio: Im Fernsehfilm «Gott hat 25 Namen» von Marianne Pletscher werden drei Missionare vorgestellt, einer davon ist Sebi Stocker. Vielleicht wirkt er in diesem Film etwas patriarchal. Der weisse Pater bringt den schwarzen Arbeitern den Zahltag. Aber dies widerspiegelt nicht seine Haltung. Als herzensguter Mensch wollte er die Entwicklung zu besserem Leben fördern. Er konnte nachlässiges Verhalten heftig kritisieren. Es war ihm ein Anliegen, die Menschen einander näherzubringen. Er wollte für alle Menschen da  sein und feierte auch für die Settler-Farmer Gottesdienste.

Das Errichten von lokalen Dämmen wurde möglich dank Spenden aus der Schweiz. Im Hintergrund die Bauleute.

Redaktion: Es scheint doch so, dass diese kleinen Dämme für die lokale Bevölkerung eine Hilfe waren.
Emilio: Du sprichst hier die Frage der Nachhaltigkeit an. Tatsächlich ist es nicht so leicht, solch einen Damm über Jahre und Jahrzehnte funktionstüchtig zu halten. Dies konnte ich selber feststellen, als ich nach meinem Peru-Aufenthalt in die Leitung der Missionsgesellschaft kam. Von da aus konnte und musste ich mehrmals Simbabwe besuchen. Einige Dämme waren bei Hochwasser zerrissen worden. Andere wiederum hielten zwar der Witterung stand, aber der See dahinter versandete allmählich. Man hatte nicht sogleich die Bagger bereit (wie beim Suez), die den Schlamm wegmachten.

Redaktion: Wie beurteilst du die Tätigkeit deines Onkels und den Dammbau heute?
Emilio: Onkel Sebi hatte ein seltenes Charisma; als Bauernsohn war er ein Praktiker und zugleich ein b’häbiger Gesprächspartner. Er konnte es mit den Leuten. Sein Humor und sein herzliches Lachen öffneten ihm den Zugang zu vielen. Das ist eigentlich das Schöne am Missionar: Er kommt zwar als Fremdling mit anderen, neuen Ideen hinzu, zugleich bringt er aber mit den Leuten etwas in Gang. Und er wird für sie – so kann man es ausdrücken – ein Segen.

In einer Lehmhütte sitzend: Sebi Stocker war volksnah.

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