Einfachheit und Stille in schwierigen Zeiten

Autor: Max Egli / Zusammenstellung Peter Leumann

Glauben und Leben in Zeiten der Gewalt mit den Menschen im peruanischen Hochland:

Wir waren ganz mit diesen Menschen verbunden, so auch mit Gott. Aber nicht, dass wir uns mit einer Fürbitte aus der Verantwortung ziehen könnten. Für uns war eine spirituelle Verbindung mit Gott sehr wichtig. So können wir schon die guten Gedanken, die Kraft, seinen Segen herunterholen. Seinen Schutz haben wir in sehr vielen schweren Momenten gespürt. Hier ist der Geist Gottes am Werk, also hier ist Gott nahe. Im Leiden, im Weiterkommen, im Miteinandersein.

Und es ist schon eine ganz andere Welt dort oben mit den Campesinos … mit den Tieren, den Schafen und Eseln, mit Arbeit auf dem Feld, mit Gebet und religiösen Feiern in der Kirche; das war unsere Welt. Die Kraft, die man dann spürt, ist schwierig zu beschreiben. Sie ist wie ein Geschenk. Das hat den Glauben gestärkt.

Und all die Gebete der einfachen Leute hatten ebenso einen tiefen Sinn: «Lieber Gott, ich brauche jetzt Hilfe für mein krankes Kind. Der Regen setzt nicht ein, hilf mir! Lass unsere Verstorbenen nicht leiden, bis sie im Himmel sind. Die schreckliche Gewalt des Sendero Luminoso und des Militärs soll aufhören …»

Unser gemeinsames Gebet – und wenn es oft nur ein Gemurmel war – hat geholfen. Darüber zu reden und den gemeinsamen Glauben zu feiern, war sehr erfüllend für alle.

Zen-Meditation:

Die Leiterin war eine Buddhistin. Bescheiden und achtsam, ihr Englisch war gut verständlich. Es musste sehr wenig gesprochen werden. Die Einfachheit beeindruckte mich, der Ton von der kleinen Glocke, die Ruhe und das Atmen, ein und aus. Irgendwann gehe ich dem nach, dachte ich. Dass das eine Stütze von dem sein kann, was ich beruflich machte, war mir klar.

In Quito haben wir dann jeden Abend meditiert, nicht genau wie Zen, aber in der Grundform ähnlich. Es war eine christliche Meditationsform. In meinem Inneren begegne ich Gott, Gottes Liebe … Das heisst, ich bin da, ich brauche dazu keine Worte, keine Bilder, ich gehe in diese geheimnisvolle Stille, in der sich Gottes Liebe offenbaren kann.

Anleitungen für die christliche Meditation:

Ich mache mich innerlich bereit und offen. Ich gebe mir im Inneren Raum. Ich nehme eine sitzende, aufrechte und bequeme Haltung ein. Verlasse möglichst meine Gedanken und atme gleichmässig. Das trägt dazu bei, dass ich zur Ruhe komme.

Aber wer bin ich? Als Geschöpf gehöre ich zu Gott. Ich bin mir dessen bewusst.

Woher habe ich das? Wer sagt mir das? Der Grund liegt in der Botschaft Jesu. In seiner Nachfolge. Ich lebe in dieser Beziehung, bewusst oder unbewusst …

Ich fühle mich nicht andauernd gedrängt, Antworten zu suchen für mich und andere. Über andere urteilen soll es überhaupt nicht geben. Das haben übrigens die sogenannten Wüstenväter und -mütter ab 400 n. Chr. praktiziert. In ihren Anweisungen: Lasst das Urteilen. Geht auf den Nächsten, besonders den Bedürftigen zu, dort liegt der direkte Kontakt mit Gott. Dort werdet ihr ihn greifbar erfahren. Und was ihr dem Nächsten entgegenbringt, erfahrt ihr als schön. Es ist der Weg zum Licht. Und das erwartet Gott von euch.

Die Wüstenväter meditierten und lebten danach. Diese Form, man könnte sagen, die christliche, benediktinische Form fand den Weg bis zu uns.

«World Community of Christian Meditation» (WCCM):

Ich wurde animiert zur Teilnahme am jährlichen WCCM Silent Retreat in Monte Oliveto in Italien. Eine intensive Woche der Begegnung und Meditation – 30 bis 40 Teilnehmende. Täglich zwei Stunden Meditation, jeweils eine halbe Stunde. Essenszeiten. Gemeinsame Atem- und Bewegungsübungen im Freien. Freies Gehen in der Natur. Yoga-Angebote. Alles im Schweigen. Zweimal Vorträge von Laurence Freeman, dem jetzigen Leiter von WCCM. Abendgottesdienst … Einfache Zimmer, in der schönen Natur von Siena.

Laurence Freeman sagt, dass nichts einfacher ist als Meditation. Wir wissen ja, dass es nicht so einfach ist. Und er sagt, es gibt keine schwierigen Theorien zu meistern, keine Techniken, um darin zu glänzen. Nur einfache Treue ist nötig und Treue zur Einfachheit. Aber wir alle, die es versucht haben, wissen, es ist nicht leicht, einfach zu sein …

Und Meditation ist eine universelle Praxis, die jenseits von Worten, Bildern und Gedanken in die von Vertrauen und Gegenwart erfüllte Leere führt, die wir die Stille Gottes nennen.

Zur Veränderung des Gottesbildes durch Meditation:

Meditation bewirkt, dass ich Gottes Nähe spüre. Kein rationales Argumentieren, was ich sonst oft tue, zu oft. Auch in der Seelsorge, dem Gottesdienst, der Predigt ist noch zu oft das theologische Diskutieren – mit mir, mit meinem Gegenüber.

So muss ich beides sagen: Gott ist mir nähergekommen, oft sehr nah. Aber auch ferner: Ich fühle mich noch immer wie auf einem langen Weg. Aber er führt so oder so in die Vereinigung mit Gott. Ein fast zu grosser Gedanke …

Auf die Frage nach einem Zukunftswunsch:

Die Situation heute kann bedrücken, der Fortschritt der Stärkeren wird zum Nachteil der Schwächeren. Damit ich gewinne, muss jemand verlieren. Das ist ein krankes System. Mein Wunsch, es würde sich ändern, und dass ich noch lange in dieser Richtung beitragen kann … Ich brauche nicht zu gewinnen. Wenn schon, dann müssen beide Seiten gewinnen. Nicht um andere auszunutzen sind wir da, sondern um uns gegenseitig zu fördern. Das geschieht in grosser Freiheit. Nötig, damit eine neue Gesellschaft entstehen kann. Dafür sind schon sehr viele am Werk … Meditation macht uns frei.

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