Ludovic Nobel: «Die Weiterführung unserer Gemeinschaft liegt mir sehr am Herzen.»

Der 45-jährige Ludovic Nobel wird als jüngstes Mitglied der Missionsgesellschaft Bethlehem am 1. Oktober 2023 die Leitung der SMB übernehmen. Was ihm für die Zukunft der Gemeinschaft besonders am Herzen liegt, wo er die SMB in fünf oder zehn Jahren sieht und wie er als Westschweizer den Röstigraben überwunden hat, erzählt er im Interview.

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Redaktion: Du wurdest am 14. Generalkapitel 2023 zum neuen Generaloberen der Gesellschaft gewählt. Was möchtest du in den nächsten fünf Jahren bewirken?
Die Weiterführung und die Kontinuität unserer Gemeinschaft waren mir immer sehr wichtig. Es ist nicht meine Art, alles von Grund auf zu ändern. Ich bin eher der Typ, der erst in Ruhe beobachtet, bis mir die Dinge klar sind und ich weiss, wie etwas sein soll. Dann ändere ich die Dinge langsam. Änderungen wird es geben, denn jeder von uns ist anders, aber ich ziehe es vor, zuerst langsam meinen Platz einzunehmen.

Was liegt dir in Bezug auf die Zukunft der Gemeinschaft besonders am Herzen?
Ich weiss nicht, was Gottes Pläne sind und was die Zukunft bringen wird, aber ich sehe es nicht als meine Aufgabe, die Gemeinschaft zu schliessen. Dies wäre keine Aufgabe, die mich mit grosser Begeisterung erfüllen würde. Meine Idee ist vielmehr, dass die SMB weiterbesteht und es wieder neue Mitglieder gibt. Ich habe dafür im jetzigen Generalkapitel eine grosse Offenheit gespürt.

Ein grosser Teil der Entscheide waren eher Bestätigungen für Dinge, die selbstredend waren, zum Beispiel die offizielle Aufhebung der Distrikte Taiwan und Simbabwe. Auch wenn es keine Distrikte – eine Art religiöse Provinz – mehr gibt, bleiben unsere Mitglieder vor Ort präsent und agieren in enger Zusammenarbeit mit der Leitung in Immensee. Ein Entscheid, der mir persönlich sehr am Herzen liegt, ist die Weiterführung der Gemeinschaft. Das heisst, dass eine gewisse Öffnung für Kandidaten aus anderen Ländern besteht, beispielsweise für den Priester Joël Mambe aus Kongo Kinshasa, der zurzeit sein Doktorat im Fachbereich Altes Testament an der Universität Freiburg absolviert und im Torry wohnt. Dieser Entscheid ist sehr wichtig für die Zukunft. Ebenfalls wichtig ist der Entscheid zur Weiterführung der Niederlassung Torry in Freiburg als Ort der Gemeinschaft, was nicht selbstverständlich war.

Wieso nicht selbstverständlich?
Die SMB ist derzeit daran, ihr Land in Freiburg zu verkaufen. Es kam zur Sprache, diesen Verkauf zum Anlass zu nehmen, das Torry zu schliessen. Zum Glück haben wir den Entschluss gefasst, dass das Torry als Ort der Gemeinschaft weiterbestehen soll. Wie lief das Generalkapitel 2023 im Vergleich zu den beiden letzten von 2013 und 2018 ab?
Dieses Mal waren wir weniger Personen, da die Gemeinschaft kleiner geworden ist. Vor fünf oder zehn Jahren hatten wir mehr Delegierte, was einerseits positiv war, da mehr Mitbrüder aus der Schweiz und den Einsatzländern dabei waren und mehr Meinungen geäussert wurden. Andererseits war es aber auch schwieriger, denn je mehr Personen teilnehmen, desto anspruchsvoller wird es. Dieses Mal ging es sehr gut über die Bühne im Vergleich zu den letzten beiden Malen, wo es mehr Spannungen gab.

Was für Spannungen?
Vor zehn Jahren wurde unter anderem das Thema Nachwuchs aus Simbabwe von den dortigen Mitbrüdern auf die Agenda gesetzt. Damals war das jedoch schwer durchsetzbar, und es gab diesbezüglich grosse Meinungsunterschiede, die nur schwer überwunden werden konnten. Am Ende wurde dieses Anliegen dann positiv aufgenommen, obwohl das Projekt später leider scheiterte.

Ludovic Nobels Hobbys sind auch Teil seiner Beschäftigung. So reist er in seiner Freizeit sehr gerne, und Kunst und Literatur sind ihm sehr wichtig. Darüber hinaus besucht er Museen, geht spazieren und fährt im Winter gerne Ski.

Wo siehst du die SMB in fünf oder zehn Jahren?
Ich sehe die SMB in Immensee und in Freiburg, und ich hoffe, dass wir wieder ein paar Einsätze in Übersee haben können, vor allem in Afrika.

Würdest du selbst auch nach Übersee?
Falls es irgendwann möglich wäre, wäre das sehr schön.

Wie hast du deine sieben Mitdelegierten, die im Wahlgremium waren, von dir als neuem Leiter der Gemeinschaft überzeugen können?
(Lacht.) Dazu kann ich nicht viel sagen. Was wohl geholfen hat, ist der Facebook-Account Étoile de Bethléem, wo wir sehr viele Menschen erreichen, und auch die Entwicklung des Torry-Projekts, das in den letzten fünf Jahren sehr positiv war. Vor fünf Jahren hatten wir noch vor, das Torry zu schliessen. Hinzu kommt wohl auch, dass ich bereits fünf Jahre im Generalrat präsent war und gewisse Erfahrungen sammeln konnte.

Du hast es angesprochen: Deinem Facebook Account Étoile de Bethléem SMB folgen über 88 000 Personen. Was ist dein Geheimnis?
Die Follower-Zahl ist seit Juli noch mehr gestiegen. Nach dem Generalkapitel ging ich für zehn Tage nach Ruanda. Dank dieser Reise haben wir innerhalb von zehn Tagen 2000 neue Follower gewonnen, denn ich postete während meiner Reise regelmässig. Gewisse Beiträge hatten bis zu 4000 Gefällt-mir-Angaben.

Gratuliere. Wie hast du das geschafft?
Das Geheimnis hinter dem Erfolg der Plattform ist, dass ich von Anfang an sehr kompetente und Social-Media-erfahrene Mitarbeiter angestellt habe. Das heisst, wir konnten ein erfolgreiches Social-Media-Konzept übernehmen und weiterentwickeln. Sehr wichtig ist auch, dass man jeden Tag etwas Neues postet. Einmal pro Woche nützt nichts, denn es braucht Kontinuität und viel Interaktion, beispielsweise indem man Personen aktiv einlädt, der Plattform zu folgen. Einer meiner Mitarbeiter nimmt regelmässig Kontakt mit Menschen auf, beantwortet Fragen etc. Selbstverständlich trägt auch der Inhalt zum Erfolg bei. Und wir haben gemerkt, dass es einen grossen Unterschied macht, ob wir etwas mit oder ohne Bild posten. Eine gewisse Unbekannte gibt es dennoch: So sind manche Beiträge sehr erfolgreich, andere wiederum nicht. Warum, können wir nicht genau sagen.

Ludovic Nobel besitzt ein Doktorat in Theologiewissenschaft im Fach Neues Testament. Zusätzlich zu seinen Aufgaben als SMB-Missionar doziert er unter anderem Neues Testament an der Universität Freiburg.

Du hast auch einen YouTube Kanal (761 Abonnenten), auf dem du regelmässig kurze Videos über biblische Themen postest, vor allem über das Neue Testament. Was hat dich dazu bewogen, dein Wissen auf den sozialen Medien zu teilen?
Früher war die Missionsgesellschaft in der Presse sehr präsent, und wir hatten verschiedene Zeitschriften, die wir in verschiedenen Sprachen publizierten. Die Präsenz in den Medien ist weniger geworden. Da kam mir die Idee, dass wir zwar nicht mehr überall präsent sind, aber mit den sozialen Medien sehr viele Menschen erreichen können – eine neue Art der Evangelisierung sozusagen. Die sozialen Medien kamen damals immer mehr auf, und ich sah, dass andere kirchliche Institutionen sie erfolgreich nutzten. Über die Plattform Étoile de Bethléem SMB möchte ich den Menschen die Bibel näherbringen. Ich benutze dafür eine einfache, verständliche Sprache und Bilder, um die Inhalte attraktiver zu gestalten.

Was, denkst du, werden deine grössten Herausforderungen als Generaloberer sein?
Ich möchte als Generaloberer auf die Kontinuität unserer Gemeinschaft fokussieren und sicherstellen, dass die gute Zusammenarbeit mit dem Verein Missionshaus Bethlehem weitergeführt wird und die SMB Partner bleibt. Mir ist auch wichtig, dass unsere Präsenz hier in der Wohnsiedlung im Bethlehem bestehen bleibt. Weiter kommt das Projekt Torry hinzu und die Kommunikation, bei der ich grosses Potenzial sehe. Die Erneuerung unserer Gemeinschaft sowie die Partnerschaft mit den lokalen Kirchen zu pflegen und zu beleben, sei es hier in der Schweiz, aber auch in Übersee, ist mir ein grosses Anliegen.

Du stammst aus der Westschweiz, arbeitest seit rund 20 Jahren aber auch in Deutschschweizer Pfarreien. Wie hast du den Röstigraben überwunden?
Die Mentalität von uns Westschweizern ist schon anders, das habe ich sofort gespürt. Ich bin von der Mentalität her Westschweizer, dennoch habe ich immer sehr gut mit den Deutschschweizern zusammengearbeitet. Das liegt wohl daran, dass ich viele Eigenschaften der Deutschschweizer teile. Ich erinnere mich, als ich zum ersten Mal als Pfarrer in einer Deutschschweizer Pfarrei tätig war, hatten die Menschen ein bisschen Angst vor mir und fragten sich: Was macht dieser Westschweizer mit uns (lacht)? Dass ein Westschweizer Generaloberer der SMB wird, ist auch das erste Mal. Wir stellen bis heute eine grosse Minderheit in der Gemeinschaft dar.

Worin unterscheiden sich deiner Meinung nach denn die Westschweizer von den Deutschschweizern?
Auf die Kirche bezogen sind die Deutschschweizer viel kritischer. Sie möchten vieles ändern und reformieren. Die Westschweizer haben mehr eine «Kirchenmentalität» und brauchen weniger Reform. Wir denken: Die Struktur können wir zwar nicht ändern, aber wir nehmen es locker. Die Westschweizer scheinen mir diesbezüglich entspannter.

Gab es etwas, was dich auf deinem bisherigen Weg positiv überrascht hat?
Wenn die Dinge nicht wie vorgesehen laufen, ist es manchmal schwierig, das zu akzeptieren. Ich habe jedoch die Erfahrung gemacht, dass dies oft ein grosses Geschenk darstellt und sehr gute Dinge daraus entstehen können. Als junger Vikar verliess ich beispielsweise für ein weiterführendes Studium eine Pfarrei. Das fiel mir damals sehr schwer, denn ich wäre lieber in der Pfarrei geblieben. Dieses Studium hat mir jedoch neue Wege eröffnet. Dies habe ich mehrmals im Leben gemerkt – dass es am Ende richtig war. Darum ist es mir wichtig, Vertrauen zu haben, eine gewisse Gelassenheit an den Tag zu legen und die Dinge so zu nehmen, wie sie sind.